Ein glückliches Ende oder Die Erinnerung des alten Ponys - aus dem  Jahre 2001/2002

 

Erstenmal möchte ich mich vorstellen: ich heiße Mexicano - wie ich früher einmal hieß, weiß ich schon gar nicht mehr. Nun aber zu meiner Geschichte :

Ich wurde vor ca. 30 Jahren geboren - die Menschen lachten über mich, weil ich nicht gerade eine Schönheit bin. Ein Auge hat eine schwarze, ein Auge hat eine rosa Umrandung, am Maul habe ich einen rosa und einen schwarzen Fleck, an sonsten bin ich Palominofarben. Eine Rasse habe ich auch nicht. Vom Körperbau her bin ich eher grobknochig und Ponyhaft gebaut - es hieß immer : " Er hat keine Grazie ".

Aber ich war lieb und den Menschen gegenüber freundlich, so das mich irgendwann ein Mann kaufte. Dort versah ich meinen Dienst als Pony für seine Kinder und, als diese dann erwachsen wurden, auch für seine Enkelkinder. Die Kinder lernten auf mir die Kunst des reitens - auch wenn sie Fehler machten, nahm ich es ihnen nicht übel und war immer lieb. Nie habe ich eines der Kinder getreten oder gebissen, nie war ich schlecht gelaunt - aber die Zeit ist nicht Spurlos an mir vorüber gegangen. Ich wurde alt, zusammen mit dem Mann, der mich damals gekauft hatte. Die Kinder wollten nichts mehr von mir wissen, sie hatten andere Interessen. Der einzige  den ich noch hatte, war der alte Mann.

Dann kam der Tag, an dem er nicht in den Stall kam um mich zu füttern und nach draußen zu lassen - es kam .........keiner. Auch am nächsten und übernächsten Tag kam niemand - ich hatte Hunger ! Nach vier Tagen kamen die Enkelkinder und gaben mir etwas hartes Brot - so ging es eine ganze Zeit lang. Mittlerweile war ich aber schon richtig abgemagert und eingefallen.

Die Enkelkinder unterhielten sich über etwas, das ich nicht richtig verstanden habe; sie sagten , das Opa im Krankenhaus gewesen wäre und dort gestorben sei und das mich jetzt keiner haben wolle und ich zum Schlachter gehen würde.

Ich war Nutzlos geworden !

Ein paar Tage später kam jemand, den die Kinder als Pferdehändler bezeichneten - er wollte mich erst nicht, aber ich habe ihm freundlich zugewiehert und er nahm mich mit dem Kommentar : " Mein Gott, so ein liebes Pferdchen ! Er hat ja schon ein ganz dünnes Stimmchen, so schwach ist er. "

Ich kam zu einem Hof, wo ganz viele Ponys waren - die Leute haben mich auf eine Weide gestellt und ich bin ganz langsam ( schnell konnte ich vor Schwäche nicht mehr ) von einem Grashalm zum nächsten gegangen.

Nach zwei Tagen kam eine Familie mit Kindern, die sich die Ponys ansahen - kurz bevor " man sich Handelseinig " wurde ( die Menschen sagen so ), fragte die Frau, was denn mit dem da wäre und zeigte auf mich. Sie bekam meine Geschichte zu hören und ich wurde von der Weide geholt.

Oh, war das schön, ich habe von den Kindern so viele Streicheleinheiten bekommen wie schon lange nicht mehr. Das habe ich richtig genossen. Dann wurden die Kinder auf meinen Rücken gesetzt - ich bin ganz langsam und vorsichtig gegangen, zum einen, weil ich noch so Schwach war, zum anderen, weil ich ein Kind auf meinem Rücken trug. Nach zwei Stunden fuhr die Familie wieder weg - ich war traurig, weil sie mir gefallen haben, aber wer will so ein altes nutzloses Pony schon haben.

Abends wurde ich in einen Pferdehänger verladen und eineinhalb Stunden durch die Gegend gefahren. Die fahrt über hatte ich die schlimmsten Vorstellungen von dem, was jetzt mit mir passieren würde - ich hatte Angst. Als ich dann ausgeladen wurde, stand ich vor einer saftig grünen Weide - mein neues zu Hause !!

Ich stand den ganzen Sommer da, jeden Abend bekam ich leckeres Futter zu fressen. Eine herrliche Zeit für mich - ich mochte meine neuen Besitzer sehr gerne. Dann wurde das Wetter schlechter und es begann zu regnen. Wieder kam ein Pferdetransporter, in den ich einsteigen sollte - ich wollte nicht weg, ich wollte bei meiner Familie bleiben. Aber ich mußte einsteigen und wurde weg gebracht. Wieder hatte ich Angst - ich war ja schon so alt und die Enkelkinder hatten es selber gesagt : ich war nutzlos.

Nachdem ich ausgeladen wurde, stellte ich fest, das ich in einem schönen warmen Stall stand; auch dort waren sehr viele Ponys und auch ein paar Pferde. Meine Familie verabschiedete sich von mir und fuhr weg - ich wollte nicht fressen, wieder einmal hatte ich jemanden verloren, den ich liebte. Tief traurig beschloss ich, mich in mein Schicksal zu ergeben und fraß,  was eben nötig war.

Nach zwei Monaten sah ich SIE das erste mal - SIE war eine für mich bildschöne Rotschimmelstute. Man stellte uns zusammen und ich hatte wunderschöne sechs Wochen, denn auch SIE erwiderte meine Zuneigung.

Im Dezember kam ein Pferdeanhänger und ich mußte wieder wo anders hin. Mein einziger Trost war der, das meine Familie mich abholte. Jetzt kam ich in einen großen Stall, in dem ich eine schöne geräumige Box hatte, auch dort gab es Pferde und Ponys - aber meine große Liebe fehlte mir. Mit dem Araber verstand ich mich gar nicht, die Fuchsstute war mir sympatisch, aber sie hatte nur Augen für den Araber; blieb mir das Shetlandpony - es war mir gegenüber sehr freundlich, nur da ich Liebeskummer hatte, behandelte ich ihn nicht sehr nett. Meine Sehnsucht nach der kleinen Stute wuchs und wieder fraß ich nur das Notwendigste. Irgendwann hörte ich einen Pferdetransporter, aus dem ein Wiehern ertönte, das mir bekannt vorkam - ich mochte es kaum glauben, doch es war so; meine Familie hatte die Rotschimmelstute für mich geholt.

Ich stehe mit Sunlight - so wird sie genannt - in einer Box, das Shetlandpony ( wir sind jetzt übrigens die besten Freunde ) steht direkt neben mir, die  anderen beiden stehen uns gegenüber.

Jetzt zu meinem Lebensabend ist die Welt noch einmal so richtig schön geworden für mich. Wir kommen alle raus, wenn das Wetter schön ist, können grasen und spielen ( ich spiele am liebsten mit Rollmops - so heißt das Shetty ). Sunlight steht meistens bei Monday und Malik - aber wir sind alle zusammen und ich sehe meine geliebten Menschen jeden Tag.                                                                                                                           

 Manchmal bin ich so glücklich, das ich zusammen mit meinen Freunden über die Weide galoppiere. Zwar weiß ich nicht, wie lange ich diese Freude noch genießen kann  - man bedenke mein Alter - vor allem, da ich kaum zunehme, nicht mehr geritten werden darf und so manches Gesundheitliche Problem habe. Aber ich weiß von meiner Familie, das ich so lange bei ihnen bleiben darf, bis ich in den Pferdehimmel gehen muß. So etwas im Alter zu wissen ist schön; man braucht keine Angst haben, wie es weiter geht, nachdem man sein ganzes Leben dem Menschen treu war und so gut wie möglich seine Arbeit gemacht hat. brbrbrbrbr> Ein Dankeschön an meine Familie und an meine Pferdefreunde für die glücklichen Stunden.     

Euer Mexicano                         ( Ende Teil 1 )